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Die ständige Furcht vor einer Krankheit – wenn uns die Angst nicht mehr loslässt

März 03, 2021
Der Artikel befasst sich mit der Angst vor Krankheiten und wie sie sich äußert. Gerade in der heutigen Zeit ist das Thema präsenter denn je. Weltweit erleben wir gerade kollektiv die Angst vor dem Erkranken und den Folgen daraus. Da die Angst vor einer Erkrankung nicht irreal, also keine Imagination ist, lässt sich mitunter nur schwer differenzieren, ob es sich um eine berechtigte Angst handelt oder diese schon eine pathologische, also krankhafte Form angenommen hat.

Wenn die Gedanken nur noch um Krankheiten kreisen


Beobachten Sie Ihren Körper akribisch und permanent auf Symptome? Nehmen Sie jede spürbare Köperfunktion genauer unter die Lupe? Füttern Sie Google mit den unterschiedlichsten Symptomen und fragen sich, was das für eine Krankheit sein könnte? Suchen Sie Ihren Körper ständig nach eventuellen Auffälligkeiten ab? Fühlen Sie sich ständig bedroht und wissen eigentlich gar nicht, wovon genau? Dann kann es sein, dass Sie eine Krankheitsangst entwickelt haben, für die Sie sich Hilfe suchen können und mit der Sie nicht allein fertig werden müssen. 

Psychodynamische Sichtweise und Formen der Krankheitsangst


Die Erkrankung ist ein vielschichtiges Phänomen und betrifft komplexe Verhältnisse vom Körper und der Psyche. Äußern kann sich das auf verschiedenste Weise. Sie spüren Symptome, obwohl Sie ärztlich von oben bis unten durchgecheckt wurden und offenkundig keine Erkrankung vorliegt. Trotzdem fühlen Sie sich bedroht, es fühlt sich alles diffus und eruptiv an, als würde etwas aus einem ausbrechen wollen, so wie bei einer auftretenden Panikattacke. Oder aber Sie leiden unter Zwängen, vermeiden bestimmte Situationen, weil Sie Angst vor Erkrankungen haben oder beobachten sich täglich ganz genau innerlich wie äußerlich, ob Sie Symptome oder andere Auffälligkeiten an sich ausmachen können.

 

Woher kommt die Angst - Frühkindliche Entwicklung für ein gesundes Körper-Emotional-Empfinden



Wenn wir auf die Welt kommen, spüren wir körperliche Vorgänge in uns, denen wir noch keine Bedeutung geben können, sie sind für uns noch nicht greifbar. Wir fühlen zum Beispiel einen unangenehmen Druck oder Ziehen im Magen, was uns erst einmal Angst macht und wir schreien los. Unsere Bezugsperson (meist die Eltern) bewerten für uns das Schreien als Hunger, geben uns etwas zu Essen und das unangenehme körperliche Ziehen im Magen hört auf. Der Vorgang wiederholt sich so lange, bis uns das körperliche Symptom – hier eben Druck im Bauch, vertraut ist und wir lernen, das ist das Hungergefühl. Hier hat eine Bewertung einer Emotion mit einem körperlichen Symptom stattgefunden. So lernen wir nach und nach, was normale körperliche Vorgänge sind und können sie einordnen. Als Erwachsener beschreiben wir unsere Emotionen so häufig mit körperlichen Symptomen, man hat zum Beispiel Wut im Bauch, Angst schnürt einem die Kehle zu oder Trauer drückt einem in der Brust. 

Störungen im Entwicklungsprozess und Auslöser für die Entwicklung der Erkrankung



Fällt die Bezugsperson weg oder vollziehen sich andere Störungen in diesem Prozess, die uns helfen, die körperlichen Zustände zu bewerten und einzuordnen, entwickeln wir selbstständig Strategien zur Selbstberuhigung. Diese äußern sich meist in zwei verschiedenen Formen, entweder im Rückzugsverhalten oder im Vermeidungsverhalten.



Der Mensch hat als Kind nicht gelernt, sich richtig spüren zu können. Wenn im Erwachsenenalter beunruhigende Situationen auftreten, die Angst machen, wird im Außen jemand gesucht, der uns beruhigen kann; zum Beispiel ein Arzt, der benennt, beruhigt und für die Person reguliert. Ausgangspunkt ist oft gar nicht die Angst vor der Erkrankung, sondern ein diffuses und für uns nicht zuordbares Gefühl einer unsichtbaren Bedrohung, welches unser Sicherheitsgefühl gefährdet. Denn Angst ist ein Wächtersystem – es warnt und sensibilisiert uns für Gefahren.

 

Wie die Emotionen sich über körperliche Symptome ausdrücken



Wenn wir nun etwas Unbekanntem und Bedrohlichem ausgesetzt sind, wirkt das im sympathischen Nervensystem (Sympathikus), das für schnelle Reaktionen wie Flucht zuständig ist. Es reagiert nun mit einem hohen Erregungsniveau und bildet körperliche Symptome wie Schwindel, Schwitzen oder Kurzatmigkeit aus. Diese Symptome wiederum belegen, dass ja etwas nicht stimmt und wir tatsächlich krank sein müssen. Das ist nun ein Zirkel aus selbst verstärkender Bestätigung und wird als Angstkreis bezeichnet. Eine Diagnose vom Arzt hat damit eine angstbindende Funktion und gibt eine gewisse Ordnung und Sicherheit wieder zurück und erscheint dem Suchenden wie eine erlösende Offenbarung. Die Krankheitsangst wird damit gebraucht und wir finden im Arzt eine Bindung, die nicht so einfach wieder aufgegeben werden kann. 

Die Angsterkrankung individuell und im Kollektiv


In den meisten Fällen sind solche Ängste individueller Natur und betreffen das eigene Ich-Gefühl. Die Kernangst ist die psychische Auslöschung, also die reine Todesangst. Daher haben Betroffene oft das Gefühl eine tödliche Erkrankung zu haben, da dies ihr Inneres widerspiegelt. Sie werden destruktiv und werden im Inneren vom eigenen ICH attackiert, woraus auch Selbsthass und Selbstzerstörung resultieren können.



Anders verhält es sich, wenn die Angst im Kollektiv auftritt. Hier sind die Krankheiten nicht zufällig, sondern in ein Netz aus Bedeutungen eingesponnen. Begründet sind kollektive Angsterkrankungen durch die Kultur, durch das Kollektiv um uns herum. Sie können aber auch mannigfaltig, also auf verschiedenste Arten, resultieren. Am Beispiel Corona ist diese kollektive Angst gut zu sehen. 

Kann eine Therapie bei der Erkrankung helfen und wie wirksam ist sie?



In vielen Fällen kann die Angst bearbeitet werden. Dafür werden die Gefühle der Sicherheit nachgeholt und internalisiert, also sich neue Werte und Normen angeeignet und verinnerlicht. Die Gefühlszustände können bearbeitet werden, indem bestehende Lebenssituationen und die eigene innere Welt benannt und verstanden und dann haltgebend unterstützt werden. Auch mithilfe der kognitiven Verhaltenstherapie, die ich in meiner Praxis anbiete, können Ängste wirkungsvoll bearbeitet werden. Die Exposition wäre hier eine mögliche Technik, die zur Anwendung kommt. 

Sind Sie von Krankheitsangst betroffen (F45.2)?


  • Leiden Sie an unklaren körperlichen Beschwerden für die keine Ursache gefunden werden kann?

  • Haben Sie seit mindestens 6 Monaten die Befürchtung unter einer ernsthaften Erkrankung zu leiden?

  • Leiden Sie unter der ständigen Sorge um diese Überzeugung und um die Symptome und ist Ihr alltägliches Leben dadurch beeinträchtigt?

    Ersuchen Sie immer wieder um medizinische Behandlungen oder Untersuchungen?

Finden Sie sich in den genannten Symptomen wieder und möchten professionellen Rat in Anspruch nehmen?

Kontaktieren Sie mich.

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